Hallo Jules1976,
Wie dem auch sei, ich finde es auf jeden Fall schockierend, dass solche Sachen hierzulande abgehen, das übertrifft bei weitem das, was ich mir darunter vorgestellt habe.
Im übrigen gibt es auch Seiten, die man zweifelsfrei als sehr seriös bezeichnen kann, und die ebenfalls dieses schwerwiegende Problem ansprechen, wenngleich in nicht ganz so drastischer Form.
Hier z.B. in der Welt:
https://www.welt.de/wirtschaft/article1 ... tigen.htmlund auch in einer Pflege-Fachzeitschrift:
https://pflege-prisma.de/2015/02/20/da- ... ngssystem/Das Thema ist wirklich beängstigend, finde ich. Man kann nur hoffen, dass man davon nicht betroffen sein wird.
Und wie gesagt ist offenbar auch die Vorsorgevollmacht noch lange kein Rundum-Sorglos-Paket, wie man meinen könnte.
So scheint es gängige Praxis zu sein, dass häufig anstatt der Angehörigen völlig fremde Personen als Vormund eingesetzt werden, sogenannte Berufsbetreuer, was ein lukrativer Geschäftszweig zu sein scheint bei einem Stundensatz von fast 50€ (das liegt um ein vielfaches über dem Mindestlohn), pro Monat werden "nur" wenige Stunden veranschlagt, doch ist das für einen Rentner eine enorme finanzielle Belastung von mehreren hundert Euro. Das sollte m.E. der Staat übernehmen, wenn er schon den meisten Betroffenen gegen deren eigenen Willen so etwas aufzwingt. Ist das nicht eine Unverschämtheit, zu etwas gezwungen zu werden, das man nicht will und das auch noch aus eigener Tasche zu bezahlen? Auch die Krankenkassen könnten die Kosten der Betreuung übernehmen, schließlich gelten Betreute ja quasi als geistig behindert oder psychisch chronisch erkrankt.
Die Anteil der Berufsbetreuer an den gesetzlichen Betreuungen scheint enorm zu sein, es soll ca. 1 Mio. Betreute geben, wovon 600 000 einen Berufsbetreuer haben, das sind 60% und damit bestimmt nicht nur Leute, denen keinerlei Angehörige verblieben sind.
Das größte Problem ist eben, hier (und nicht nur hier) lässt der Staat große Freiräume, die zu Missbrauch geradezu einladen -
"l' occasione fa il ladro" - Gelegenheit macht Diebe, ein uraltes, multinationales Sprichwort, und das nicht ohne Grund....
So braucht solch ein Berufsbetreuer auch keinerlei Qualifikation; laut dem, was ich bisher gelesen habe sogar noch nicht mal ein polizeiliches Führungszeugnis, es kann also de facto jeder machen. Das wäre bei einem Familienmitglied ja noch zu verstehen, aber Betreuer von Amts wegen sollten wie Beamte vereidigt werden oder bestenfalls sogar Beamte sein, oder sowas in der Richtung. Vertrauen ist gut, aber Kontrolle ist besser, und an der fehlt es. Die Betreuer haben oft den vollen Zugriff auf Einkommen und Vermögen und können nach Gutsherrenart vorgehen, genau so auch bei der "Umverlegung des Wohnsitzes" in ein Pflegeheim. Das sind wirklich Sachen, bei der Rücksprache mit den Angehörigen gehalten werden sollte, und der Betreute einverstanden sein sollte, sofern er noch halbwegs ansprechbar ist. Schließlich ist ja auch die Versorgung durch mobile Pflegedienste oder eine Pflegekraft aus Osteuropa möglich, was für den Betroffenen doch weitaus mehr Lebensqualität aufrechterhalten würden, und v.a. in den eigenen vier Wänden.
Es wären dringend politische Reformen notwendig, leider wird das Thema unter den Tisch gekehrt und sehr stiefmütterlich behandelt, nur von der Partei Die Linke meine ich mal irgendwann Kritik am Betreuungssystem vernommen zu haben, im Hinblick auf fehlende Selbstbestimmung usw. Wenn jemand im Alter Hilfe braucht, dann könnte ihm auch einfach jemand zugeteilt werden, der Behördengänge übernimmt und begleitet, u.ä., ohne Fremdbestimmung.
Außerdem sollte vermehrt auf ehrenamtliche Betreuer gesetzt werden, diese sind in Betreuungsvereinen engagiert und haben allein deshalb schon eine ganz andere Zielsetzung als die im Wachstum befindliche Betreuungsindustrie in der freien Wirtschaft.